DGZ-Newsletter 04 | 2025
Im DGZ-Newsletter werden wissenschaftliche Informationen zur Zahnerhaltung kompakt und verständlich auf den Punkt gebracht. Die Inhalte werden von Expertinnen und Experten der deutschen Universitätszahnkliniken verfasst, die exklusiv von interessanten Entwicklungen aus ihrer aktuellen Forschungsarbeit berichten.
Wie Metallionen die Haftung von Universaladhäsiven am Dentin beeinflussen, erläutert Professorin Dr. Nadine Schlüter von der Medizinischen Hochschule Hannover in der Rubrik Neues aus der Forschung und zeigt, welche Erkenntnisse sich direkt in der Praxis nutzen lassen. Im Expertinnengespräch diskutieren sie und Professorin Dr. Anne-Katrin Lührs Strategien, um auch tief subgingival zerstörte Zähne zu erhalten, und stellen verschiedene Therapieoptionen vor.
In der Rubrik Tipps für die Praxis zeigt Professorin Dr. Lührs anhand eines Fallbeispiels, wie pulpenahe Defekte subgingival erfolgreich und ohne Adstringentien restauriert werden können. Abrechnungs-Expertin Emine Parlak erklärt im Praxistipp Abrechnung zudem, wie die zweizeitige Füllungstherapie bei tiefer Karies korrekt abgerechnet wird.
Metallionen auf Dentinoberflächen: Kontamination oder sinnvolle Oberflächenmodifikation?
In-vitro-Studien belegen, dass Metallionen den Verbund von Universaladhäsiven zum Dentin beeinflussen können. Eine Rolle können Zinn- oder Silberionen aus Mundhygieneprodukten oder remineralisierenden Lösungen (bspw. SDF) sowie Aluminium- und Eisenionen aus Adstringentien spielen. Aluminiumchloridhaltige Präparate bspw. führen bei Benetzen der Zahnhartsubstanz zu negativen Wechselwirkungen. Wird nach Anwendung solcher Adstringentien das Adhäsivsystem im „Self Etch“- Modus appliziert, so führt dieses in vitro zu einer signifikanten Reduktion der mikrozugbasierten Haftwerte (1-4).
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Zusätzlich zeigen die untersuchten Proben hauptsächlich adhäsive Frakturmuster, d.h. ein Bruch in der Verbundzone, was die Schwächung des adhäsiven Verbundes unterstreicht. Wird das Adhäsivsystem jedoch statt im „Self Etch“- im „Etch & Rinse“-Modus angewendet, so lässt sich der Negativeffekt wieder umkehren: die Verbundwerte unterscheiden sich dann nicht von Kontrollen, die nicht mit aluminiumchloridhaltigen Adstringentien behandelt wurden. (1,4). Es muss aber darauf geachtet werden, dass das Dentin hierbei durch die Phosphorsäure nicht zu stark demineralisiert („überätzt“) wird.
Positive Effekte können hingegen mit zinnhaltige Mundhygieneprodukten und eisensulfatbasierten Hämostatika erzielt werden, sofern MDP-haltige Adhäsive verwendet werden (2,5-7), nur ganz vereinzelt wurden bei Universaladhäsiven erniedrigte Verbundwerte nachgewiesen (3). Negative Effekte können hingegen bei Verwendung konventioneller Adhäsive nach Vorbehandlung von beiden Substraten Schmelz und Dentin mit Zinn beobachtet werden. Hier wird die Verbundstärke deutlich beeinträchtigt, während sie bei Verwendung von MDP-haltigen Adhäsiven sogar signifikant steigt (5-7).
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Kontamination der Zahnoberfläche mit Metallionen aus Adstringentien oder Mundhygieneprodukten kann die Verbundstärke von Adhäsivsystemen beeinflussen. Insbesondere aluminiumchloridhaltige Präparate können die Haftung von Universaladhäsiven an Dentin deutlich schwächen, wenn sie im „Self Etch“- Modus angewendet werden, ebenso wenn nach Anwendung von zinnhaltigen Mundhygieneprodukten konventionelle Adhäsive verwendet werden. Der „Etch & Rinse“- Modus, d.h. die Anwendung von Phosphorsäure, besitzt durch Demineralisation einen gewissen „Reinigungseffekt“, kann aber in der klinischen Anwendung eine Kontamination durch erneute Blutung provozieren. Für die Praxis wird empfohlen, bei einer Anwendung von Adstringentien auf deren Zusammensetzung zu achten. Wird ein Adstringens eingesetzt, so sollte ein Adhäsivsystem im „Etch & Rinse“- Verfahren angewendet werden. Verwenden Patienten zinnhaltige Mundhygieneprodukte, sollte auf MDP-haltige Adhäsivsysteme zurückgegriffen werden.
Autorinnen: Prof. Dr. Nadine Schlüter und Prof. Dr. Anne-Katrin Lührs, Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventivzahnmedizin, Medizinische Hochschule Hannover
Bild: Generiert mit ChatCPT, 22.10.2025
Literatur
Jacker-Guhr S, Lührs AK. Beware of contamination! Do hemostatic agents influence the microtensile bond strength of a universal adhesive to dentin? Dtsch Zahnärztl Z Int. 2021;3(4):167–175. doi:10.3238/dzz-int.2021.0019. Zur Publikation (externer Link) ...
Mempel S, Hiller M, Belli R, Fischer NG, Lohbauer U, Schmalz G. Contamination of dentin with hemostatic agents – Is EDTA a valuable decontaminant for improving bond strength of universal adhesives? Dent Mater. 2022;38(11):1604–1615. doi:10.1016/j.dental.2022.08.014
Stutzbach L, Lührs AK, Jacker-Guhr S. Beeinflusst die Double-Layer-Technik die TBS von Universaladhäsiven nach hämostatischer Kontamination? Dtsch Zahnärztl Z. 2022;77(2):87–95. doi:10.3238/dzz.2022.0087-0095. Zur Publikation (externer Link) ...
Pratabsingha P, Matinlinna JP, Masudi SM, et al. Beware of contamination: Do hemostatic agents influence the microtensile bond strength of a universal adhesive to dentin? Int J Adhes Adhes. 2024;129:103461. doi: 10.1016/j.ijadhadh.2023.103461
Flury S, Koch T, Peutzfeldt A, Lussi A, Ganss C. The effect of a tin-containing fluoride mouth rinse on the bond between resin composite and erosively demineralised dentin. Clin Oral Investig. 2013;17(1):217-25. doi: 10.1007/s00784-012-0697-1.
Schlueter N, Peutzfeldt A, Ganss C, Lussi A. Does tin pre-treatment enhance the bond strength of adhesive systems to enamel? J Dent 2013; 41(7):642-652. doi: 10.1016/j.jdent.2013.03.009
Peutzfeldt A, Koch T, Ganss C, Flury S, Lussi A.Effect of tin-chloride pretreatment on bond strength of two adhesive systems to dentin. Clin Oral Investig. 2014;18(2):535-43. doi: 10.1007/s00784-013-0975
Ganss C, Lussi A, Peutzfeldt A, Naguib Attia N, Schlueter N. Impact of Sn/F Pre-Treatments on the Durability of Protective Coatings against Dentine Erosion/Abrasion. PLoS One. 2015 Jun 15;10(6):e0123889. doi: 10.1371/journal.pone.0123889.
Das Spannungsfeld bei tief subgingival kariösen oder zerstörten Zähnen in Bezug auf den Zahnerhalt
Interview mit Prof. Dr. Nadine Schlüter, Direktorin und Prof. Dr. Anne-Katrin Lührs, Oberärztin der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventivmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (Fotos: MHH)
Durch die Etablierung von Materialsystemen und Behandlungsmethoden lassen sich auch bei tief subgingival zerstörten Zähnen die Grenzen bezüglich der Behandlungsmöglichkeiten in Richtung Zahnerhaltung verschieben. Prof. Dr. Schlüter und Prof. Dr. Lührs geben Einblicke in die anspruchsvolle Restauration von tief subgingival kariösen oder zerstörten Zähnen und beleuchten Entscheidungshilfen bei der Indikation und Wahl bestimmter Therapiemaßnahmen.
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Frau Professorin Schlüter, Frau Professorin Lührs, Adstringentien sind hilfreiche Mittel, um eine blutfreie Umgebung vor der techniksensitiven Füllungstherapie zu erreichen. Welche „Eskalationsstrategie“ bei der Wahl der Blutstillungsmaßnahmen schlagen Sie vor? Sind im Anschluss an die Verwendung von Adstringentien alle Adhäsivsysteme bedenkenlos anwendbar? Können Sie in diesen Fällen weniger techniksensitive Adhäsivsysteme empfehlen, auf die zurückgegriffen werden sollte?
Zunächst ist es empfehlenswert, jede Situation individuell zu beurteilen, den „Masterplan“, der für jede Indikation passt, gibt es nicht. Je nach Tiefe der Läsion und Intensität der Blutung empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen. Oft reichen schon rein mechanische Maßnahmen zur Blutstillung aus, dazu zählt z.B. eine sorgfältige Retraktion mit ungetränkten Retraktionsfäden, die kombiniert werden können mit leichter Kompression, z.B. mit einem Schaumstoffpellet, welches mit Chlorhexidin benetzt sein kann. Auch an dieser Stelle sollten primär keine „klassischen“ Adstringentien zum Einsatz kommen. In Klasse V- und Klasse II-Defekten kann eine Kontaminationskontrolle durch entsprechende Matrizen erfolgen, die dann den „Trockenlegungseffekt“ herbeiführen. Auch dieses Vorgehen funktioniert primär ohne Adstringentien. Auch die Gingivektomie mit einem Elektrotom kann bei indikationsbezogener Anwendung hilfreich sein. Lässt sich eine Anwendung blutstillender Mittel jedoch nicht vermeiden, so sollte bei Anwendung aluminiumchloridhaltiger Agentien das „adhäsive Prozedere“ angepasst werden. Studien haben gezeigt, dass solche Adstringentien bei der Anwendung von Adhäsivsystemen im „Self Etch“-Verfahren zu deutlich verringerten Verbundwerten führen. Abhilfe kann hier eine zusätzliche Phosphorsäurekonditionierung vor der Adhäsivapplikation schaffen, also der Wechsel zur „Etch & Rinse“- Technik. Dieses ist für Universaladhäsive problemlos möglich. Allerdings auch nicht in jeder Indikation: ein Benetzen von angrenzender Gingiva mit einem Phosphorsäuregel, z.B. bei der Restauration von Klasse V-Kavitäten, kann eine erneute Blutung provozieren. Eisensulfathaltigen Adstringentien scheinen in der Blutstillung in Bezug auf die Verbundkraft von Universaladhäsiven von Vorteil zu sein, da sie die Verbundstärke zumindest bei einigen Adhäsivsystemen weniger negativ beeinflussen. Dennoch lautet die klare Empfehlung: eine prophylaktische Anwendung eines Adstringens ist nicht zu empfehlen. Aber nicht nur Adstringentien können die Verbundstärke von Adhäsiven beeinflussen, sondern auch Metallionen aus Mundhygieneprodukten wie Zinn oder Silber aus SDF. Patienten sollten vor der Wahl des Adhäsivsystems nach verwendeten Mundhygienemitteln oder Vorbehandlungen von zervikalen Defekten mit SDF bei bspw. Dentinhypersensibilitäten gefragt werden. Das gilt vor allem vor der Restauration von Defekten, die keine Präparation und damit eine mechanische Entfernung von metallionenangereichterer Zahnhartsubstanz voraussetzen, wie bspw. im Fall von Erosionsdefekten oder anderen nichtkariösen zervikale Defekten.
Sicherlich gibt es absolute Extraktionsindikationen von Zähnen, die nur eine Therapieoption offenlassen. Individuelle Fälle, bei denen der Zahnerhalt fraglich, aber nicht unmöglich erscheint, erschweren die Entscheidungsfindung hinsichtlich der geeigneten Behandlungsstrategie. Wo ziehen Sie den Grenzbereich, auch noch bei tief subgingival kariösen oder frakturierten Zähnen, einen Erhaltungsversuch zu unternehmen? Wann bevorzugen Sie die Extraktion als richtige Therapieoption?
Die Entscheidung für oder gegen den Zahnerhalt hängt von einer Vielzahl sich ergänzender Faktoren ab. Primär kann man festhalten: ist eine suffiziente Kontaminationskontrolle möglich, sind auch Zähne mit hohem Zerstörungsgrad erhaltungswürdig, vorausgesetzt, es gibt keine parodontalen oder endodontologischen Einschränkungen. Die heute auf dem Markt befindlichen Restaurationsmaterialien, und darunter sind vor allem die Komposite hervorzuheben, bieten ein breites Indikationsspektrum bis hin zum Höckerersatz und können langzeitstabil inseriert werden. Dabei können auch subgingivale Defekte mit Adhäsivtechnik versorgt werden, wenn die Voraussetzung der Kontaminationskontrolle gegeben ist. Indikationsabhängig können auch, z.B. nach Zahntraumata, Extrusionsverfahren eingesetzt werden, um primär weit subgingival gelegene Defekte nach equi- oder supragingival zu verlegen. Wenn ein Defekt aber nicht kontaminationsfrei restauriert werden kann, muss die Prognose kritisch hinterfragt werden. Nicht jeder Zahn kann um jeden Preis erhalten werden, aber das Spektrum der Erhaltungsmöglichkeit und die angrenzende „Grauzone“ sind größer geworden. Bedenkt man, dass noch vor einiger Zeit kompositbasierter Höckerersatz nicht denkbar gewesen wäre, so sind mittlerweile gesamthafte Rekonstruktionen von bspw. durch Säuren stark zerstörten Gebissen ausschließlich mit direkten Kompositrestaurationen möglich.
Lohnt es sich in Ihren Augen, in bestimmten Fällen mit tiefen subgingivalen Kavitäten bei ausbleibender adäquater Blutstillung ein zweizeitiges Verfahren zu wählen? Sprich: Kann es sinnvoll sein, die Heilung des blutenden Gewebes mit einer provisorischen Interimsphase zugunsten blutfreier Bedingungen, unter denen die definitive Füllungstherapie dann durchgeführt werden kann, zu überbrücken?
Ein zweizeitiges Vorgehen ist in der Praxis häufig ein pragmatischer Weg, um unter Umständen im nächsten Schritt doch adhäsiv zu versorgen. Gerade im Bereich subgingivaler kariöser Läsionen oder nach traumatischen Kronen-Wurzel-Frakturen kommt es in der Regel durch eine Schädigung und/oder Inflammation der Gingiva zu vermehrten Blutungen. Wenn die initiale Situation keine kontaminationsfreie Restauration zulässt, kann zunächst eine provisorische Versorgung, z.B. aus einem Glasionomerzement, eingesetzt werden, um eine Abheilung der angrenzenden Gewebe herbeizuführen. Dieses Vorgehen erleichtert in Einzelfällen das definitive Restaurieren erheblich. Wichtig ist allerdings bei der zweiten Sitzung auf eine atraumatische Entfernung oder Reduktion der provisorischen Versorgung zu achten, da sonst erneut mit Blutungen zur rechnen ist, die ggf. eine erneute Blutstillung erfordert. Letztlich gilt: jede klinische Situation und ihre Risiken müssen immer individuell bewertet werden. Der Zahnerhalt darf dabei jedoch nie vorschnell ausgeschlossen werden.
Frau Prof. Schlüter, Frau Prof. Lührs, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führten Priv.-Doz. Dr. Julia Lubauer und Dr. Sabina Würsching
Subgingival adhäsiv restaurieren ohne Adstringentien
von Prof. Dr. Anne-Katrin Lührs, Oberärztin der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventivmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (Foto: A.-K. Lührs)
Aufgrund der zahlreichen, in der Literatur beschrieben Wechselwirkungen zwischen Adhäsivsystemen und aluminiumchloridhaltigen Adstringentien kann ein „adstringentienfreies“ Arbeiten das klinische Prozedere deutlich erleichtern, auch wenn dieses zunächst paradox erscheint.
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Ein Benetzen von angrenzenden Dentinflächen mit einem solchen Agens führt bei der „Self Etch“-Applikation von Adhäsivsystemen zur Reduktion der Verbundwerte. Als „Gegenmaßnahme“ kann das Dentin mit Phosphorsäure konditioniert werden. Dieses führt zwar zu einer Steigerung der primär kompromittierten Verbundwerte, demineralisiert jedoch das Dentin so stark, dass Adhäsivsysteme, die das funktionelle Monomer 10-MDP enthalten, keine zusätzliche chemische, sondern nur noch eine rein mikromechanische Haftung aufbauen.
Der nachfolgende Fall gibt Praxistipps für die adhäsive Restauration tief subgingivaler Defekte.
Klinisches Anwendungsbeispiel
Darstellung der Restauration von Wurzelkaries 36 distal am Kronenrand und 37 mesial bei einem 82-jährigen Patienten. Röntgenologisch sind tiefe, pulpanahe Defekte sowie ein deutlicher interdentaler Knochenabbau sichtbar (Abb. 1), klinisch zeigte sich eine negative Sensibilität beider Zähne. Der Patient war zum Zeitpunkt der Vorstellung beschwerdefrei, die Zähne zeigten keine Lockerungsgrade.
Abb. 1: ZF Regio 36/37 mit ausgeprägter pulpanaher Wurzelkaries und deutlichem interdentalen Knochenabbau | Foto: Anne-Katrin Lührs
Als vorbereitende Maßnahme vor der endodontischen Intervention erfolgte zunächst die Restauration der kariösen Läsionen, die aufgrund der deutlich subgingivalen Lokalisation herausfordernd war. Durch die notwendige Entfernung der Krone an Zahn 36 konnte zunächst die Läsion an 37 adhäsiv restauriert werden, da sie jetzt deutlich besser zugänglich war. Anschließend erfolgte die präendodontische Restauration des Zahnes 36. Nach Anlage einer Teilmatrize mit zervikaler Lasche (Abb. 2) erfolgte die zusätzliche Abdichtung mit Teflonband (Abb. 3).
Abb. 2: Teilmatrize mit großer vertikaler Höhe durch die vorhandene zervikale Lasche | Foto: Anne-Katrin Lührs
Der Keil wurde nur vorsichtig nach interdental eingebracht, um die Matrize nicht zu verformen. Die Separation konnte anschließend durch Anlage eines Separationsringes erreicht werden. Da eine Kofferdamisolation nicht möglich war, wurde der Ring zusätzlich mit Zahnseide gesichert.
Abb. 3: Isolation des deutlich subgingivalen Defektes an Zahn 36 nach Kariesexkavation. Neben einer federharten Teilmatrize mit subgingivaler Lasche wurden Teflonband, ein interdentalkeil sowie ein mit Zahnseide gesicherter Separationsring zur Kontaminationskontrolle eingesetzt. | Foto: Anne-Katrin Lührs
Nach adhäsiver Vorbehandlung erfolgte der alleinige Aufbau der distalen Randleiste unter gleichzeitigem Erhalt der Zugangskavität zum Wurzelkanalsystem (Abb. 4). Im Rahmen der Kontaminationskontrolle wurde auf den Einsatz von Adstringentien verzichtet.
Abb. 4: Zustand nach Aufbau der distalen Randleiste 36 mittels Bulk-Fill-Flowable zur Restauration zervikal liegender Defektanteile in Kombination mit einem Hybridkomposit nach Entfernung des Separationsringes. | Foto: Anne-Katrin Lührs
Die in derselben Sitzung angefertigte Röntgenkontrollaufnahme (Abb. 5) zeigt suffiziente Kompositrestaurationen an den Zähnen 36 und 37, deutlich sichtbar ist das röntgenopake Bulk-Fill-Flowable im Vergleich zum in Schichttechnik eingebrachten Hybridkomposit. Die zunächst nur initial sondierbaren Kanäle wurden mit einer medikamentösen Einlage im oberen Kanalabschnitt gefüllt, als weitere Behandlungsmaßnahme nach Abschluss der endodontischen Behandlungen 36/37 ist die Überkronung des Zahnes 36 geplant, bei der die distale Präparationsgrenze durch die vorhandene Aufbaufüllung verlaufen wird.
Abb. 5: Zahnfilm 36/37 mit suffizienten, deutlich subgingival liegenden Kompositrestaurationen, Aufhellung unterhalb der distalen Restauration 36 aufgrund einer Überlagerung mit dem schüsselförmig abgebauten Alveolarknochen, apikale Läsion 37 | Foto: Anne-Katrin Lührs
Abrechnung von zweizeitiger Füllungstherapie bei tiefer pulpanaher Karies
von Emine Parlak, Stabsstelle Kosten- und Erlösmanagement, Charité Universitätsmedizin Berlin I Centrum 3 für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Im Praxisalltag kann unter Umständen die Situation entstehen, dass eine zweizeitige Füllungstherapie erforderlich ist, beispielsweise bei tiefer Karies nahe der Pulpa. Die korrekte Abrechnung stellt sich dann als entscheidende Frage, wenn Kariesexkavation und provisorischer Verschluss in einer Sitzung erfolgen und die definitive Füllung in einer zweiten Sitzung gelegt wird.
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Hinweis zum Umfang dieses Artikels
Dieser Beitrag fokussiert vor allem die Abrechnung bei besonderen Maßnahmen zur Blutstillung (z. B. Stillen von Papillenblutungen, Retraktion mit Blutungsstopp). Weitere ggf. anfallende Leistungen – wie Anästhesien, Füllungen, Untersuchungen, Beratung etc. – sind nicht Bestandteil dieser Darstellung und gesondert berechenbar (je nach Fallkonstellation nach BEMA bzw. GOZ).
Beim zweizeitigen Vorgehen
BEMA: Das Provisorium ist im BEMA nicht eigenständig abrechenbar.
Privatbereich: GOZ-2020 je Kavität ansetzen – insbesondere bei Sitzungsabfolgen und wenn eine definitive Versorgung (noch) nicht möglich/gewollt ist.
Gesetzliche Krankenversicherung (BEMA)
Für die Basisversorgung mit Füllungen stehen die BEMA-Nummern 13 a–d (F1–F4) zur Verfügung.
Besondere Maßnahmen wie Separieren, Retraktion, Kofferdam- und Stillen einer übermäßigen Papillenblutung werden pro Sitzung und je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich über BEMA 12 abgerechnet.
Materialkosten für Retraktionspasten sind im BEMA nicht separat berechnungsfähig. Matrizen, Ätztechnik oder reine Abform-Retraktion sind ebenfalls nicht extra abrechenbar.
Private Abrechnung (GOZ)
Im Privatbereich sind die Leistungspositionen klar getrennt:
GOZ 2040: Isolation durch Kofferdam – je Kieferhälfte oder Front und je erneutes Anlegen (bei Umsetzen auch mehrfach pro Sitzung möglich). Maßgeblich ist die Ausdehnung, nicht die Anzahl der behandelten Zähne.
GOZ 2030: Besondere Maßnahmen wie Retraktion, Separieren (akut/chronisch), Verdrängen von Zahnfleisch (Retraktionsfaden, Hallerklammer oder Retraktionspaste), Stillung übermäßiger Papillenblutung – pro Sitzung und je Kieferhälfte/Frontzahnbereich maximal einmal beim Präparieren und einmal beim Füllen. Auch Formgebungshilfen bei definitiven Kompositfüllungen (GOZ 2060/2080/2100/2120) fallen unter 2030.
Leistungen wie Matrizen bei GOZ 2050/2070/2090/2110, Lichthärtung, Unterfüllung, Konditionieren und Mehrschichttechnik sind bereits Teil des Leistungsinhalts und können daher nicht gesondert abgerechnet werden.